Ethik ist im Content Marketing eine Frage, die wir uns mit der Verbreitung dieser Form der Kommunikation stellen müssen, wie zwei Beispiele zeigen.

Content Marketing ist in. Doch manche Unternehmen benutzen Content, um damit Werbung zu machen und Nutzer durch eine Form der Kommunikation mehr oder weniger direkt auf Verkaufsangebote zu leiten, die im Inhalt „versteckt“ werden. Marketing mit Content: muss man hier die Frage der Ethik nicht stellen?

Das erste Beispiel ist ein oft genanntes Best-Practice Beispiel in Deutschland: Curved. Bei dem Online-Magazin handelt es sich um das Projekt von Eplus im Kooperation mit der Agentur sinnerschrader. In diesem Magazin werden auf Datenanalyse (Trends und Keywords) basierend Inhalte zu aktuellen Tech-Themen erstellt und für potenzielle Käufer zugänglich gemacht. Auf der Homepage ist der Einzige Hinweis zu Eplus ganz unten im Footer, sehr dezent nachzuvollziehen: „Eine Initiative der Eplus Gruppe“.

Curved von Eplus als Vorzeige-Content-Marketing Projekt
Curved von Eplus als Vorzeige-Content-Marketing Projekt

Auch auf Artikelebene wird die Marke nirgends in den Vordergrund gestellt. Das ist Absicht, denn es wurde befürchtet, dass die Akzeptanz des Inhalts somit sinken würde und der Erfolg gefährdet wäre. Aber was hat dann Eplus davon?

Unter oder neben den Beiträgen erscheinen Angebot, passend zum Kontext des Inhalts, mit dem Nutzer abgeholt werden. Natürlich von Eplus.

Angebote von Eplus in Curved
Angebote von Eplus in Curved… Native Advertising oder Content Marketing?

Das zweite Beispiel hat mich eigentlich erst zu diesem Beitrag veranlasst. Am heutigen Tag stellte der Spiegel eine Kampagne an den Pranger. Initiiert durch den Pharmahersteller Reckitt Benckiser handelt es sich hier um eine Form des Content Marketings, die die Frage der Ethik in der Disziplin endgültig aufwirft. Der Spiegel schreibt:

„So sehr RB sich bemüht, neutral zu scheinen, spätestens unter dem Menüpunkt „Altersgerechte Schmerzmittel“ lässt sich das Marketing nicht verbergen: Es werden zwar verschiedene medikamentöse Wirkstoffe wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure genannt, doch detailliert empfohlen wird, was RB vertreibt, nämlich „ein Schmerzmittel mit 200 mg Ibuprofen“.“

Die Kampagne von Reckitt Benckiser liefert Tipps zur Behandlung von Schmerzen bei Jugendlichen…

[Tweet „Spätestens jetzt müssen wir uns die Frage nach Ethik im Content Marketing stellen“]

Bei der Kampagne des Pharmaherstellers handelt es sich um einer Kampagne mit Content, bei der die Marke / das Unternehmen bewusst so sehr in den Hintergrund geschoben wird, dass man nach dem Unternehmen wirklich suchen muss. Es werden pseudo-neutrale Inhalte für sich sorgende Personen zur Verfügung gestellt und möglicherweise medizinisch hoch bedenkliche Informationen zur Verfügung gestellt mit einem einzigen Ziel: Verkaufen.

Curved und „Intiative Schmerzlos“ sind m.E. nicht gleichzustellen. Eplus hat einen langfristigeren Ansatz. Nichtsdestotrotz wird hier Content benutzt, um direkt den Verkauf anzukurbeln durch Calls-To-Action, die eher Native Advertising gleichen.

Wird hier Content Marketing strategisch und wertschöpfend eingesetzt?

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen strategischem Content Marketing und Kampagnenbasiertem Content Marketing. Wie Mirko Lange so schön formuliert: „Marketing für Content“ strategisch), oder „Marketing mit Content“ (Kampagne).

Vor kurzem äußerte sich der gute Andreas Quinkert zum Thema Ethik im Content Marketing in einem lesenswerten Beitrag:

Wer Content Marketing betreibt und regelmäßig Inhalte im Web oder sonstwo veröffentlicht, der trägt Verantwortung. Nicht nur seinem Unternehmen (oder Auftraggeber) gegenüber, sondern nicht zuletzt auch gegenüber seiner Zielgruppe. -Andreas. Quinkert

In meinem Beitrag „Inbound ist eine Mentalität“ deckt sich meine Meinung in dem Sinne mit der von Andreas. Diese Herangehensweise soll die Marke / Firma als Experten positionieren und durch positive Content-Erlebnisse das Markenbild aufwerten und die Customer Lifetime Value verlängern. Content Marketing ist nicht nur „zum Publisher werden“, sondern Inhalte gezielt strategisch einsetzen, um Unternehmensziele zu erreichen (und zu übertreffen).

Der Ansatz damit direkt Verkauf ankurbeln zu wollen ist meines Erachtens nicht nur für ein Unternehmen schädlich, sondern auch für Content Marketing als Strategie und Disziplin. Wenn sich solche Kampagnen mehren, wird Content das Gleiche wie Werbung widerfahren: systematisches Misstrauen, wenn es von Unternehmen kommt.

[Tweet „Wenn Werbung als Content getarnt wird, droht Content Marketing das gleiche Schicksal…“]

Wenn „Werbung mit Content“ für Kampagnen eingesetzt wird und das auf die Marke einzahlt, ist es eine wertschöpfende Kampagne. Wenn Content aber zum Mittel für Schleichwerbung oder, im Falle von Curved, zu „Native Advertising auf einem owned media Kanal“, zweifle ich an, dass ein wertschöpfender Prozess einsetzt.

Abschließend möchte in diesem Zusammenhang Oliver Marquardt zitieren, der sich mit dem Thema der wertebasierten Markenbildung und -Entwicklung auseinandersetzt. In einem sehr lesenswerten Beitrag schreibt er:

Wer also Content Marketing Fan ist und bereit ist, Geld für die Etablierung dieser strategischen Komponente zu investieren, der sollte vor allem eins machen: Sich an humanistischen Werten orientieren und Kommunikation neu zurückdenken. – Oliver Marquardt

Wenn Inhalte so eingesetzt werden, dass man anfängt zu überlegen, ob das nicht in die Kategorie Schleichwerbung fällt, wird es problematisch… oder? Müssen wir uns mehr mit dem Thema Ethik im (Content) Marketing auseinandersetzen?

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