Content Marketing ist viel besser als Werbung. Wir machen die Welt besser, indem wir mit „Content“ Menschen da draußen begeistern und zu Fans machen. Die müssen das doch alle lieben, dass Werbung wohl passé ist!

Vor einigen Wochen ging ich mit der Familie gemeinsam ins Restaurant. Ich lebe Content Marketing und glaube hoffe, dass ich meine Mission verfolge. Deshalb hatte ich mir auch überlegt, wie ich am besten meiner kleinen Schwester (im jungen Teenager-Alter) am besten erkläre, was ich mache. Und ich hatte einen kurzen einprägsamen Satz gefunden.

Als wir am Tisch saßen und das Thema aufkam, fühlte ich mich bereit. Und in freudiger Erwartung auf die Reaktion sagte ich:

„Ich mache Unternehmen interessant. Statt dich zu unterbrechen und zu nerven, arbeiten wir aber daran, dass du Unternehmen spannend findest“.

Quelle: Giphy.com

Meine Schwester schaut mich an. Die Begeisterung bleibt aus. Der Blick war in etwa so:

Quelle: MISCGIFS.TUMBLR.COM (via Giphy.com)

Und lässig mit einem leichten Schulterzucken antwortet sie: „Aha, also Werbung

Das Lächeln in meinem Gesicht wird breiter. Aber nicht aus Stolz, sondern aus Verlegenheit. Mist. Ich bin gescheitert.

Einige Wochen später…

Seitdem hatte ich einen neuen, ausführlicheren Versuch mit einem Schülerpraktikanten bei uns versucht. Das Ergebnis war exakt das Gleiche.

Ich bin wahrscheinlich Opfer des Marketing-Bullshits im Netz geworden. Seit Jahren lese ich Beiträge, die uns erklären, wie wir mit Inhalten Menschen begeistern, inspirieren und helfen können und letztendlich auch mehr verkaufen. Win-win. Und alle lebten glücklich bis ans Ende Ihrer Tage.

Mein Weltbild wurde zerstört, als zwei Teenager im Wesentlichen antworteten „aha, also Werbung“. (na ja, ganz so schlimm war es nicht)

Ist Content Marketing doch nur Werbung?

Also ist Content Marketing doch nur Werbung und wir machen uns alle etwas vor?

Nein.

Beziehungsweise ja, aus Sicht dieser Teenager ist es nicht „Content“. Keiner greift zu seinem Smartphone oder Computer, weil er „Content“ will. Aus der Sicht von Konsumenten da draußen, ist es alles Werbung, wenn es von einem Unternehmen kommt. Punkt.

[Tweet „Keiner greift zu seinem Smartphone oder Computer, weil er „Content“ will“]

Für sie ist es vollkommen irrelevant, was die Branche erzählt („Werbung funktioniert nicht mehr, Content Marketing ist jetzt angesagt“), denn für sie gilt: „wenn mir das Unternehmen letztendlich etwas verkaufen möchte, ist es Werbung.“

Ändert das jetzt alles?

Nein. Es ändert gar nichts. Höchstens, dass man sich nichts vormachen sollte und wir einige Sachen nuancieren sollten. So wie die wahnwitzige Vorstellung, Konsumenten wollen Beziehungen mit Marken haben.

Als ich vor kurzem bei der Hochschule Fresenius einen kleinen Vortrag über Content Marketing hielt, fragte mich ein Student (Master im digitalen Marketing): „Ist Content Marketing nicht nur ein Trend und es ist in 5 Jahren alles wieder vorbei?“

Meine Antwort darauf soll auch als Fazit für diesen Post dienen:

„Nein, ich glaube das nicht. Grundsätzliche Wahrheiten werden von Marketern nicht erfunden: die sich verändernde Mediennutzung und Fragmentierung von Kanälen, die Ansprüche von Konsumenten an das, was Unternehmen tun, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen oder die Reizüberflutung wird weiter zunehmen. Unternehmen können es sich immer weniger leisten, uninteressant zu sein. Es geht um langfristige Eindrücke, die wir bei Konsumenten hinterlassen, um das Kundenerlebnis in Verbindung mit der Marke und um den Fokus auf Informationsbedürfnisse. Um ein Bedürfnis zu befriedigen sollten sich Unternehmen immer weniger darauf konzentrieren, auf eine „KAUF MICH“ Botschaft zu setzen, sondern stattdessen „wir verstehen dich“ kommunizieren. Ob das dann in 5 Jahren Content Marketing, Werbung oder Bedürnis-Marketing heißt, ist letztlich egal. Diese grundsätzliche Veränderung aber, wird bleiben.“

Ja wir arbeiten für Unternehmen, die Umsatz- bzw. Gewinnorientiert sind (gut, bei NGOs ist es etwas anders). Ja, wir machen Werbung. Aber auch Werbung kann spannend sein, faszinieren, begeistern und das Bedürfnis auslösen mehr Content (durchgestrichen) Werbung von der Art sehen zu wollen.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen Content Marketing und Werbung. Aber nicht für die Welt da draußen.

Die Realitätskeule hat bei mir zugeschlagen. Over and Out.

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