Performance Marketing und Content Marketing ergänzen sich ohne Zweifel. Doch ersteres führt oftmals dazu, dass falsche Schlüsse gezogen werden…
Ich komme soeben von der weltgrößten Messe für digitales Marketing: der dmexco. Meine erste dmexco besuchte ich im Jahr 2013, damals noch als Aussteller und es war damals schon beeindruckend. Doch der Trend setzt sich fort: Jahr für Jahr wächst die in Köln stattfindende Veranstaltung und platzt mittlerweile gefühlt aus allen Nähten.
Eines ist klar: die dmexco hat nichts mehr vom kleinen, geselligen Branchentreffen von vor ein paar Jahren. Online Marketing bzw. digitales Marketing ist nicht nur in, weil wir in einer digitalen Welt leben. Aus Sicht von Unternehmen ist gerade die Messbarkeit von Online Marketing eine wunderbare Sache. Zurecht. Die Performance-orientierten Anbieter waren gefühlt in der Überzahl. Aber gerade das finde ich auch gefährlich.
Klick, Klick, Tunnelblick
Alles schreit nach Messbarkeit und Performance. Der Klick wird gejagt bis er, in die Ecke getrieben, alles von sich preisgibt. Alles wird in Kanäle eingeteilt, gemessen, in Schubladen geschoben und einem Kanal zugeordnet (a.k.a. „Channel attribution“).
Dabei gibt es mehrere Aspekte, die zu Problemen führen / führen können.
Hinter Klicks stecken Menschen
Ja hinter Klicks / Reichweitenangaben stecken Menschen (idealerweise). Diese Menschen haben Informationsbedürfnisse, möchten inspiriert werden, beruflich weiterkommen oder ein Problem für Ihr Unternehmen lösen. In unserer Klickwirtschaft tendieren wir dazu, das zu vergessen. Darunter leiden nicht selten Inhalte…
Ich schaue auch ab und zu in meinen Google Analytics Account und sehe Klicks und Verweildauern. Alles was ich sehe sind Zahlen… Es ist menschlich, dass wir irgendwann auch nicht mehr als das sehen.
Eine schöne, Reaktion die mich im Mai diesen Jahres erreichte und mich berührte war folgender Kommentar einer Leserin:
„Hallo Maël,
es ist an der Zeit, dich endlich mal zu loben!
Deine Beiträge sind für mich als angehende PR-lerin immer wieder interessant zu lesen und unglaublich wertvoll.
Ich wünschte meine Dozenten an der Uni würden deinem Beispiel folgen und die Lehrinhalte ebenso interessant, lehrreich sowie zeitgemäß (Aktualität der Beispiele) vermitteln.
Mach weiter so :)“
Mich berühren solche Kommentare und sie erinnern mich an diesen Punkt. Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter diesen Zahlen Menschen stecken. Das hat mir auch auf der dmexco gefehlt. Stattdessen, kamen die Branchenüblichen Buzzwords wieder zum Einsatz.
Passend dazu gefällt mir das Zitat von Thomas Koch von t-k one auf der dmexco:
„Das Motto dieser Dmexco lautet ‚Bridging Worlds‘ – bin ich dafür. Aber ich bin auch für eine Brücke zwischen Technologie und den Menschen da draußen.“
[bctt tweet=“Wir müssen v.a. eine Brücke zwischen Technologien und Menschen schlagen – @ufomedia“ username=“MaelRoth“]
Klicks zählen und das Big Picture aus dem Auge verlieren
Ich habe schon oft erlebt, dass Performance Marketing dazu führt, dass Marketer die Augen an das Excel-Sheet kleben und reporten was das Zeug hält… und dabei das große Ganze aus dem Auge verlieren. Wie viele Impressionen, wie viele Klicks, welcher Kanal hat die beste Klickrate?
Natürlich sind dies wertvolle Informationen doch darf es nicht darin münden, dass nur kurzfristige Erfolge gejagt werden. Dies führt nämlich oft dazu, dass einige Kanäle, die mehr Anlaufzeit brauchen, früh beiseite gelassen werden, kurzfristig effizientere zu bevorteilen.
Das ist insbesondere dann problematisch, wenn paid Kanäle (z.B. Adwords) vorerst bessere Ergebnisse zu liefern scheinen, als solche die zuerst aufgebaut werden müssen.
Als ein Freund von mir neulich erzählte, dass ein Kunde von ihm Millionen (ja, Millionen!) von Euro in Adwords investiert hat und trotz Content Marketing Ansatz nie daran gedacht hat, eigene Kanäle aufzubauen, musste ich schon staunen. Doch Performance Marketing führt eben dazu: Augenklappen und kurzfristige Erfolge statt nachhaltige Reichweite.
[bctt tweet=“Content Marketing lohnt sich nur, wenn eine Strategie die Richtung vorgibt.“ username=“MaelRoth“]
Performance Marketing und Content Marketing – vertragen sie sich?
In der Hinsicht erlebe ich öfter, dass, wenn Performance Marketing im Rahmen von Content Marketing eingesetzt wird, dazu führt, dass Menschen bei Unternehmen eben diese Augenklappe bekommen. Erfolge werden an kurzfristigen Maßnahmen gemessen und ein mittel- oder langfristiger Ansatz schnell in Frage gestellt wird.
Eine Content Marketing Strategie muss sich an Zwischenzielen messen lassen. Marketer wünschen sich, dass Content Marketing folgendermaßen funktioniert:
Content => User sucht und findet => „Oh interessant, kaufe ich“
Dass das nicht so funktioniert, ist nicht selbstverständlich, denn es wird vielen (selbsternannten) Experten eben so verkauft. Tatsächlich benötigt es mehrere Berührungspunkte mit einem potenziellen Käufer. Dieser wird aber sein Interesse (am Content!) in Form eines Form Submits für den Download eines Assets, einen Newsletter-Abo, einen Share o.ä. ausdrücken.
Worauf ich hinaus will: Performance Marketing ist zur Unterstützung einer Content Marketing Strategie natürlich mehr als sinnvoll, aber die Zahlen, die daraus gezogen werden sind Kanal bzw. Plattform spezifische Ziele. Diese dürfen nicht mit Unternehmenszielen / strategischen Zielen verwechselt werden…
Wie ich in meinem Beitrag über Datengetriebenes Content Marketing geschrieben habe, sehe ich die Gefahr, dass:
- Reaktives statt proaktives Marketing betrieben wird, wenn wir uns zu sehr auf Daten stützen
- Korrelationen und Kausalitäten verwechselt werden
- und kurzfristig messbare KPIs einen zu großen Impact auf das große Ganze haben.
Was denkt ihr?