Der Begriff Content Marketing wird so inflationär verwendet, dass es problematisch wird. Eine Entdeckung beim PR-Journal bringt mich ins Grübeln… und veranlasst mich zu einem Kommentar.
Neulich teilte die hoch geschätzte Doris Eichmeier mit ihrem Netzwerk (yuhu, ich gehöre dazu!) ein Fundstück, dass eine große Bandbreite an Gefühlen in einigen – so auch mir – auslöste.
Am Rande eines Beitrags im PR Journal konnte man bestaunen, was Content Marketing (anscheinend) ist:
500-Zeichen-Storytelling jemand? Das kann man für 250€ im Monat buchen!
Ich glaube das GIF, dass am besten beschreibt, was innerhalb von Millisekunden in meinem Kopf vorging ist:
Verwirrung rund um den Begriff Content Marketing: J’accuse
Ja ich vertrete hier ganz öffentlich die Meinung, dass Publisher zur allgemeinen Verwirrung rund um das Thema Content Marketing beitragen. J’accuse! (das muss ich als Franzose an der Stelle so formulieren :D )
Content Marketing ist in sofern ein Hype, dass der Begriff viel Aufmerksamkeit verspricht. So scherzte ich noch vor einigen Tagen auf Facebook:
Doch langsam ist das Fass voll. Worüber ich oft scherze wird für diese Disziplin zum Problem.
Content Marketing ist als Paradigmenwechsel zu verstehen. Wir müssen mehr Substanz in die Kommunikation (inklusive der Marketing-Kommunikation) bringen, weil wir es uns nicht mehr leisten können, uninteressant zu sein (einer meiner Lieblingssätze). Wenn Marken oder Unternehmen sich Aufmerksamkeit mehr und mehr verdienen müssen, statt sie einzukaufen, ist Nützlichkeit als Strategie kein „kann“ mehr, sondern ein „muss“.
Wenn wir eines brauchen, um Content Marketing mit diesem Paradigmenwechsel in Verbindung zu bringen, dann brauchen wir eine gemeinsames Verständnis von dem, was Content Marketing eigentlich ist. Carsten (Rossi) schrieb vor einigen Wochen in diesem Sinne:
„[…] unsere Branche tut sich schwer darin, solche Standards zu vereinbaren. Zu verlockend ist der Ruf des schnellen Geldes, der neuen Umsatzpotenziale und des kurzsichtigen kurzfristigen Alleinstellungsmerkmals. Zu wenige nehmen sich die Zeit, sich ein Thema richtig zu erarbeiten, sich mit anderen auszutauschen, sich mit ihnen zu einigen und die wirklich beste Lösung zu finden.“
Was zur allgemeinen Verwirrung beiträgt, ist die wilde Verwendung des Begriffs durch Publisher, die von der Praxis nicht viel wissen (ohne ihnen zu nahe treten zu wollen – „Content“ ist nicht das gleiche wie „Content Marketing“). Oftmals stoße ich auf Artikel von solchen anerkannten Publishern, die zeigen wollen, „wie Content Marketing geht („Unternehmen X: So geht erfolgreiches Content Marketing“ oder „Content Marketing Kampagne: So erfolgreich ist Unternehmen X“, o.ä.) und nicht selten sind es schlicht und einfach Werbefilme oder eher Schleichwerbung.
Was mich dabei besonders ärgert ist, dass Entscheider in Unternehmen diese Magazine (online oder offline) auch lesen und somit ein vollkommen diffuses Konzept um das ganze Thema gebildet wird. Zählen wir dazu noch diverse Anbieter, die ihre Produkte oder Dienstleistungen unter „Content Marketing“ verkaufen und das Chaos ist angerichtet – so zum Beispiel manche „Native Advertising“ Anbieter, die in einem schlechten (und oftmals unverschleiert werblichen) Advertorial schon „Content Marketing“ sehen.
Content Marketing ist systematische Nützlichkeit
Wovon spreche ich eigentlich, wenn ich “systematische Nützlichkeit” in den Mund nehme? Ganz einfach: hiermit ist eine skalierbare, nachhaltige Methodik gemeint, die es Unternehmen ermöglicht, die Aufmerksamkeit von Ihren Bezugsgruppen zu erhalten. Wie dies geschieht ergibt sich aus Informationsbedürfnis-Analysen.
Natürlich ist Werbung deshalb nicht tot. Sie kann Content hervorragend ergänzen. Da die Aufmerksamkeitsspanne jedoch stetig sinkt und die Werbe- oder Nachrichteninflation so extrem geworden ist, werden durch nützliche und unterhaltsame Inhalte die Weichen für eine effizientere Kommunikation gelegt. Im Grunde genommen sind auch alle Debatten überflüssig, ob es nun Content Marketing ist oder nicht. Aber wir brauchen nun mal einen Begriff, der einen Paradigmenwechsel formuliert und transportiert werden kann.
Nur sehe ich die Gefahr, dass es der Begriff „Content Marketing“ vielleicht nicht mehr lange sein kann…