Auf der Content Marketing Konferenz, welche letzte Woche in Köln stattfand, fiel mir auf, dass die Frage nach Metriken, KPIs von Content Marketing und ROI doch öfter gestellt wurde. Keiner trug wirklich konstruktiv dazu bei, Antworten darauf zu geben (oder ich habe etwas verpasst!). Im Allgemeinen denke ich, dass die Diskussion zwar legitim und sinnvoll ist, aber das Thema verhindert vor allem eines: Mehr Mut im Marketing.

Content Marketing oder Corporate Publishing? Oder vielleicht doch Native Advertising? Was ist jetzt wirklich Content Marketing? Das war letzte Woche nicht ganz klar. Eigentlich ist doch egal, welcher Begriff denn jetzt verwendet wird, solange man sich einig ist, dass es darum geht, den Konsumenten d.h. die buyer personas in den Mittelpunkt der Strategie zu stellen. Das digitale Zeitalter hat nun mal dazu geführt, dass den Marketern nicht mehr zugehört wird, es sei denn man hat etwas interessantes, etwas hilfreiches zu sagen. Der springende Punkt ist:

Der Wert, von dem was Marketer in Zukunft an die Konsumenten bringen wird von letzteren bestimmt.

Im Allgemeinen sollten Marketing Experten weniger Zeit damit verschwenden, neue Begriffe und Buzzwords zu erfinden, um Strategien und Taktiken „cooler“ zu machen und mehr in die Umsetzung von „liebenswertem“  (loveable) Marketing zu investieren. In dem Sinne vergleiche ich immer wieder gerne Marketing mit Metal: ständig tauchen neue Bezeichnungen auf für Sachen, die letztendlich nur Variationen von ein und demselben sind…

Lassen wir doch mal das Thema ROI

The ROI in Marketing

Um es provokativ auszudrücken: es geht nicht um ROI. Nüchtern betrachtet, wird es natürlich immer darum gehen. Aber hier wird auch so viel Zeit damit verschwendet, sich Gedanken um den ROI zu machen.

Als überzugter Inbound Marketer scheint es natürlich ein Widerspruch zu sein, denn im Inbound Marketing messen wir alles, was nur messbar ist. Und wenn es anscheinend nicht gemessen werden kann, wollen wir rausfinden, wie wir es messen können. Aber „es ist nicht alles Inbound, was glänzt.“

What’s the ROI of your mother? – Gary Vaynerchuk

Ja, Gary Vaynerchuk drückt es so schön aus, wenn er fragt „was ist der ROI deiner Mutter??“ Es ist mir klar, dass es letztendlich darum geht, Ziele zu erreichen. Meistens ist das eine Umsatzsteigerung – direkt oder indirekt. Aber wie viel davon ist wirklich auf einzelne Maßnahmen zurückzuführen? Vergisst man nicht das „Big Picture?“

Der Ansatz von Tobias Dennehy (Siemens) gefiel mir sehr gut, als er auf der CMC letzte Woche sagte: „manchmal muss man auch die Kontrolle aufgeben und schauen, was passiert.“ Ich bin nicht der Erste, der bemängelt, dass deutsche Unternehmen oft – insbesondere den Amerikanern – in Sachen Innovation im Marketing und Risikobereitschaft hinterherhinken.

Ich bin der Meinung, dass es dem Marketing eher schadet, wenn die allererste Frage immer die nach dem ROI und der Konversionsrate ist. Marketing ist am schönsten, wenn Kreativität und Risikobereitschaft involviert sind.

Ein Beispiel: die Umparken-im-Kopf-Kampagne

Opel's Umparken im Kopf KampagneWenn eines bei mir noch weniger als Banner-Werbung funktioniert, dann ist es Outdoor Advertising. Eine Ausnahme ist die „Umparken im Kopf Kampagne“ – zu der sich Opel dann geoutet hat. Die Kampagne ist klug, gut aufgezogen, auch wenn die Dramaturgie zu wünschen übrig lässt. Aber mit der Kampagne hatte die Marke meine Aufmerksamkeit, die es ihnen ermöglicht hat, ihre Nachricht an mich zu kommunizieren.

Ob das später dazu führt, dass ich mir einen Mantra zulege ist fraglich. Aber die Kampagne ist mutig und ich verstehe nicht wirklich, warum sie von einigen stark kritisiert wird. Der Punkt ist: Opel hat mit der Kampagne einen riesigen „Leap of faith“ gemacht. Sicherlich geschah sie teilweise aus Verzweiflung, da man in Rüsselsheim vom verstaubten Image endlich weg will. Fakt ist aber: Es ist die teuerste Kampagne, die jemals in der Branche geplant und durchgeführt wurde – und dazu gehört Mut. Kudos!

Bemerkung am Rande: Ich bin übrigens mal gespannt, ob und wie Opel mit dem User Generated Content im Rahmen der Kampagne umgehen wird…

Warum mehr Mut im Marketing?

Warum sollte man das Risiko von mehr Mut im Marketing eingehen? Gute Frage.

In einem wunderbaren TED Talk trug Dan Pink vor, warum Boni letztendlich kontraproduktiv sind. Das zitierte Experiment, in dem Forscher herausfanden, dass materielle Anreize eine Aufgabe zu erledigen dazu führen, dass die Kreativität eingeschränkt wird, lässt sich wunderbar im Marketing übertragen.

Viele Unternehmen, die sich durch Innovation einen Wettbewerbsvorteil erarbeitet haben und diesen auch beibehalten wollen,  (z.B. Google, Hubspot usw.) haben dies erkannt und prompt ins Management aufgenommen. Sie zahlen lieber sehr viel Geld an Mitarbeiter, die ihre Kreativität ausleben können. Dabei geht es darum, sich weniger auf das funktionelle zu limitieren und mehr auf das kreative.

Inwiefern betrifft das jetzt Marketing? Der ROI-Aspekt kommt hier wieder ins Spiel. Marketer müssen sehr oft den möglichen ROI nachweisen und kalkulieren, bevor Kampagnen und Strategien umgesetzt werden können. Da ist es wieder, das Funktionelle. Nur wer ROI nachweisen kann, darf eine Idee umsetzen. Das ist das Gegenteil von Risiko.

Also warum Risiko eingehen? Aus meiner Perspektive:

  • Wer mehr riskiert, kann auch viel mehr gewinnen.
  • Marketing ist trial and error. Genau wie das Leben.
  • Vielleicht wird aus dem Risiko eines Tages ein „Business Case“ – eine Referenz.
  • Man lernt viel mehr aus Fehlern als aus Erfolgen.

Kleiner Trick: das nächste Mal, wenn der Chef mal wieder nach dem ROI fragt und von Risiko redet, ersetzt mal das Wort durch „Innovation.“ Risiken eingehen will keiner, aber Innovation will jeder.

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