Erfreulicherweise gibt es mehr und mehr Stellenanzeigen, die Content-Marketing-Profile ausschreiben. Ich vermisse jedoch 2 wesentliche Punkte in diesen Stellenanzeigen schmerzhaft…

Ich beschäftige mich nun schon fast einem halben Jahrzehnt (oh je werde ich alt…) mit Content Marketing und, im erweiterten Sinne daraufhin mit Content Strategie. Die Aufklärungsarbeit, die größtenteils von Tools und Dienstleistern geleistet wird (ja ich gehöre dazu) trägt dazu bei, dass sich mehr und mehr Unternehmen an diese Art der Kommunikation wagen. Profile, die die Content Operations von Unternehmen stützen und weiterentwickeln können, werden also logischerweise immer mehr ausgeschrieben.

Stellenanzeigen sagen viel über Stand und Wahrnehmung einer Disziplin im Markt aus. Seit einigen Monaten schaue ich mir aus diesem Grund solche Stellenanzeigen in Verbindung mit Keywords wie Content Strategie und Content Marketing im deutschsprachigen Raum an.

Was ich in den meisten Stellenausschreibungen schmerzlich vermisse…

Vor einigen Wochen hatte ich das Vergnügen einen Impulsvortrag beim Native Ads Camp in Köln geben zu dürfen. In der (leider) parallel laufenden Session hielt Johannes Ceh einen Vortrag, der sich zwar auf Marketing bezieht, dessen Ableitung für diesen Beitrag aber eine große Rolle spielt: Content Marketing ist eine Frage der Haltung.

Wir tauschten uns auf dem Event darüber aus, warum gerade Haltung? Weil gute strategische Kommunikation den Absender „aufwerten“ und zur Erreichung strategischer Ziele einzahlen soll (die Frage nach der Integrität lasse ich hier bewusst außen vor, denn dies ist ein ganz anderes Thema – wenn auch m.E. ein ungemein wichtiges). Unternehmen, die „Content“ mit einem  Marktorientierten Fokus betrachten, müssen die Vision und die Haltung auf Mitarbeiter übertragen.

Systematisierte Nützlichkeit in der Kommunikation kommt von den Leuten, die sie orchestrieren und umsetzen.

Wenn Unternehmen sich im Bereich „Content“ verstärken, suchen sie logischerweise nach gewissen Eigenschaften, die wir alle kennen: Erfahrung in einer Branche und / oder einem Themenbereich, Software-Kenntnisse, analytisches, strategisches Denken, Sprachkenntnis und Rechtschreibung, usw. Beim durchscannen der Stellenbeschreibungen vermisse ich aber in den allermeisten Fällen schmerzlich…

1 – Empathie und „Hilfsbegeisterung“

Der Ausgangspunkt jeder guten Content-(Marketing)-Strategie ist vom Empfänger auszugehen. Also nicht „was wollen wir den Leuten sagen“, sondern „was brauchen / erwarten die da draußen von uns“. Im zweiten Schritt kommt dann erst „und was wollen wir? Was können wir und wollen wir bedienen“?

Erstaunlicherweise habe ich noch keine Stellenausschreibung gelesen, in der Ausdrücklich und tiefrgründig vom Verständnis der Bedürfnisse der Zielgruppen gesprochen wird, noch nach einer Hilfsbereiten oder gar Hilfsbegeisterten Persönlichkeit gesucht wird. Wenn gutes, langfristig angelegtes Content Marketing eine Frage der Haltung und der Unternehmenskultur ist, müssten Stellenbeschreibungen nicht ein bisschen weiter gehen, als nur die üblichen Eigenschaften abzufragen? Ich habe ja generell ein Problem damit, Menschen mit Checklistenartigen Beschreibungen zu bewerten aber gerade beim ganzen Thema Content Marketing geht es doch um eine im Ansatz grundsätzlich neue Art der Kommunikation… Sind nicht gerade etwas andere Profile und verfahren nötig?

2 – Identifikation mit Mission und Vision

Es mag an meiner Generation liegen, wie gerne behauptet wird, aber Vision und Mission ist für mich das wichtigste Element, wenn ich über den Sinn und Zweck meiner Arbeit denke. Ich bin wahrhaftig nicht der Einzige, der den Sinn und Zweck seiner Tätigkeit regelmäßig reflektiert.

Wenn ich Content-Marketing-Stellenanzeigen lese ist selten etwas vom „Warum“ hinter dem „wie“ und „was“. Wenn eine Passage in die Richtung geht, dann kommt sie – meistens nach den Lauwarmen und Austauschbaren Unternehmenswerten – daher wie eine Tagline, ein Slogan bei dem ich mir nur zu gut vorstellen kann, wie jeder im Unternehmen mit den Augen rollt.

Die Motivationsschrauben scheinen immer die Gleichen zu sein: 1) Wen wir suchen / was du machen wirst > Dein Profil > „faire Vergütung“, „attraktives Gehalt“ (oder die schlimmste Variante: „teilen Sie uns bitte Ihre Gehaltsvorstellungen in ihrem Bewerbungsschreiben mit“).

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[ Hm bitte was? Achso entschuldigung, beim schreiben der Sätze ist jegliche Lust auf „arbeiten“ verflogen. ]

“If you hire people just because they can do a job, they’ll work for your money. But if you hire people who believe what you believe, they’ll work for you with blood and sweat and tears.” S. Sinek

Es wird dann dem Bewerber überlassen, sich mit der aus dem Netz heruntergeladenen Vorlage irgendwie sexy zu machen und mit den üblichen Phrasen daher zu kommen. Wie kann ich von einem / einer Bewerber (/in) erwarten, dass er / sie begeistert wenn die Ausschreibung (und das meistens doch öde Bewerbungserlebnis) zum Einschlafen ist? Im Übrigen sehe ich hier auch für Portale, die die Stellen ausschreiben auch eine gute Möglichkeit, sich durch Aufklärung und Inspiration der ausschreibenden Unternehmen hervorzuheben…

Jemand der „ist“ oder „nur macht“?

Als dieser Beitrag noch in der Entwurfsphase war, las ich einen herrlichen Text von Benjamin Brückner zum Thema Limitation, der die Identifikation mit der Arbeit auf den Punkt bringt (Leseempfehlung!). Die große Mehrheit der Stellenausschreibungen limitiert geradezu (und manchen Fällen schrecken sie sogar ab) und ignoriert dabei, wie jemand der ist was er tut voll und ganz im Unternehmen aufblühen kann.

Kompetenzen kann man lernen. Erfahrung eignet man sich an. In Tools kann man sich einarbeiten. Begeisterung und einen „Sense of Purpose“ sind unbezahlbar.

Ich wünsche mir, dass auch mit Stellenanzeigen mal „Content Marketing“ betrieben wird. Ich wünsche mir, dass Menschen hinter Rollen noch mehr in den Vordergrund rücken, dass Unternehmen erkennen, wie wichtig es ist, begeisterte Mitarbeiter zu haben, die sie mit dem, was das Unternehmen tut, voll identifizieren.

Aber das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Oder doch? :-)