Personas werden verschiedenen Fachbereichen schon seit Jahren verwendet. Das Problem ist aber: meistens werden diese als reines Dokument betrachtet. Damit hebelt man genau das aus, was es eigentlich bewirken soll.

Das Konzept der Persona dürfte jedem, der den Weg zu diesem Beitrag gefunden hat, bereits bekannt sein. Es geht hier auch weder darum, zu erläutern warum Personas wichtig sind, was sie von Zielgruppen grundlegend unterscheidet oder wie man Personas erstellt.

Darüber gibt es genügend Material im Netz, Büchern und sonstigen Vorträgen und Weiterbildungen. Worum geht es dann?

Ich bin in meiner beruflichen Laufbahn schon über sehr viele unterschiedliche Arten von Personas gestoßen – UX Personas für Webdesign, Personas für die Produktentwicklung (seltener angetroffen) oder auch für Content Marketing oder Inbound Marketing (Buyer Personas).

Der Tenor beim Großteil der Organisationen, bei denen ich diese angetroffen habe (v.a. im Rahmen von Kommunikation) war stets: „ja haben wir irgendwo, da muss ich mal recherchieren“ oder „haben wir mal gemacht aber die nutzen wir nicht“. Sie sind auch nicht „falsch“ oder „schlecht“, Sie werden nur sehr selten verwendet und gepflegt!

Das liegt meines Erachtens nicht selten daran, dass das Thema von Agenturen ausgeht, diese dann mithilfe jener entwickelt werden (als Dienstleistung) und das Deliverable der Leistung einen formalisierten Output erzeugt: die Persona als Dokument.

Persona erstellt: Was nun?

In den meisten Fällen die ich kenne gibt es kein „Persona-zentriertes arbeiten“. Zum Einen ist in vielen Fällen nicht klar, was das Arbeiten mit Personas in der Umsetzung für verschiedene Gewerke bedeutet, zum anderen wird die Persona nie als Prozessschritt verstanden. Und genau ist der Punkt.

Beim Konzept der Persona geht es bekanntlich darum, eine fiktive „Person“ zu erstellen, die eine Gruppe von Bedürfnissen und Einwänden bündelt. Doch Bedürfnisse und Einwände variieren stark, wenn man unterschiedliche Dimensionen betrachtet: die zeitliche (ein Persona-Dokument ist eine Momentaufnahme), Projektkontext oder auch Themen.

Deshalb kann das Dokument auch gar nicht die Komplexität abbilden, die für eine gute Operationalisierung nötig wäre. Und wenn man es versucht, scheitert es daran, dass dieses Dokument viel zu komplex und lang wäre, als dass man sich die Mühe machen würde, danach zu arbeiten.

Wenn wir aber in diesem Falle einen Schritt zurück gehen und nochmal überlegen: warum haben wir eigentlich Personas „gebastelt“? Um Nutzer- / Kunden- / Empfängerzentrisch zu arbeiten. Diese Ausrichtung wird durch die Idee der „Persona als Dokument“ zunichte gemacht.

Die Persona muss als Denkprozess leben

Tatsächlich geht es bei der Technik der Persona um den Denkprozess. Dieser sollte SYSTEMATISCH, bei jeder Initiative mit einbezogen werden. Wenn ein Team an Personas zusammen gearbeitet hat, dies diskutiert hat und als realistische Abbildung von Bedürfnissen befunden hat kann dies funktionieren. Doch sobald jemand hinzukommt, der an diesem Denkprozess nicht beteiligt war oder dies zu lange her ist, hat die Technik keinerlei Wirkung mehr.

Wenn Dir – der diesen Beitrag gerade liest – wichtig ist, dass dein Unternehmen nicht mehr von innen nach aussen agiert, sondern aus der Perspektive des Kunden / Empfängers denkt und agiert, muss die Persona als Prozess implementiert werden – nicht als erarbeitetes Dokument in einem Workshop. (Ein solcher Workshop ist schnell wieder vorbei – und man geht zur Tagesordnung über…)

Ich zitiere Gladwell: „ten thousand hours is the magic number of greatness.“ (10 thousand hour rule)

Wenn die Persona als Prozessschritt gedacht wird, gilt es im wesentlichen zu beachten, dass:

1) Diese Phase im Prozess nicht als Hürde wahrgenommen wird, sondern als Verbesserung, die Spaß macht, (damit sie auch angenommen wird)

2) Ergebnisse Dokumentiert und „managebar“ gemacht werden

3) und bei jedem Learning dieses System gefüttert wird.

Customer centricity sollte als selbstlernendes System initiiert und weiterentwickelt werden, nicht als starres Projekt.

Ein simples Framework, von dem man sich inspirieren lassen kann ist die sog. Proto-Persona aus dem Lean UX Ansatz – diese eignet sich auch wunderbar für Content-Marketing und Kommunikation!

Ein Beispiel davon sähe wie folgt aus (Quelle) :

Beispiel von Proto-Personas
Beispiel von Proto-Personas aus dem Lean UX Ansatz (Quelle: Mural.co)

Anmerkung: Es gibt ebenfalls Online-Tools, die dies auf dem Bildschirm ermöglichen wie zum Beispiel Xtensio oder UXpressia die „jedoch“ stark von der UX-Sicht geprägt sind.

Insbesondere aus der kommunikativen Sicht halte ich diesen Punkt für einen essentiellen: es muss weniger darum gehen, was wir sagen wollen und welche Botschaft wir haben und viel mehr darum, sich näher an den Lebensrealitäten zu bewegen und darauf basierend Maßnahmen zu entwickeln, die uns dabei helfen unsere Ziele zu erreichen.

Die Persona als reines Dokument scheitert schnell. Die Persona als Denkprozess sollte das Ziel sein.