Um nachhaltigen Erfolg im B2B Content-Marketing zu verzeichnen, sollte man weiter gehen, als sich nur bei aufmerksamkeitsstarken Themen präsent zu sein. Es geht um Nützlichkeit. Ein paar Gedanken.
Im Content Marketing geht es darum, sich über einen längeren Zeitraum bei bestimmten Themen so zu positionieren, dass man vom Zielpublikum immer wieder in einem klar definierten (oder mehreren) Themenbereich(en) wahrgenommen wird, so dass die Marke, das Produkt oder das ganze Unternehmen sich mit “in den Köpfen” etabliert und differenziert.
Doch auch wenn wir jetzt alle im Kreis nicken möchte ich gerne die Umsetzung thematisieren – ohne zu sehr ins Detail zu gehen oder sehr formatspezifisch zu werden.
Die Verlockung der Oberflächlichkeit
In jeder Branche gibt es bestimmte Begriffe und Konzepte, die schon seit Jahren so sexy sind, dass man sich als Unternehmen unbedingt dort positionieren sollte. Die Verlockung ist groß, sich dann über Content unbedingt dort einordnen zu wollen und über einen Zeitraum Marketing-Maßnahmen zu planen, die das Keyword mit aufnehmen. Ein Auszug zur Selbstbedienung: Digitale Transformation, Big Data, Personalisierung, Künstliche Intelligenz, Customer Experience (oder einfach nur „Experience“), Content-Marketing, Influencer, Industrie 4.0 und und und.
Ja es ist verlockend sich hier schnell zu positionieren und im Grunde genommen den alten Wein einfach in neue Schläuche zu kippen und es in eine Flasche zu füllen, die man mit einer neuen Verpackung aufhübscht.
Doch der Anspruch der Marketing-Kommunikation sollte hier weiter gehen, als nur oberflächlich mit Konzepten oder Begriffen die gerade Aufmerksamkeit erzeugen in Verbindung gebracht zu werden. Denn auf die Idee kommen auch die Konkurrenten. Und nach einigen Wochen oder Monaten ist es dahin mit der Differenzierung.
Versteht mich nicht falsch: ich will hier keinesfalls Marketing-Kollegen etwas unterstellen oder so wirken, als würde ich “von oben herab” kommentieren. Vielmehr will ich mit einem Gedanken zum Nachdenken anregen, der mich genauso umtreibt.
Die Aufgabe des Contents im B2B Content Marketing
Gerade im B2B Content-Marketing sollte Content dazu da sein, diese Brücke zwischen einem Konzept, dem Kontext und der oft präsenten Verwirrung um ein Hype-Thema und dem Lösungsansatz zu schlagen, um so einen (Wahrnehmungs-)Effekt zu erzielen. Gerade in einem Kontext, in dem mittelmäßige Inhalte immer weniger “funktionieren” (meistens leider als Leadgenerierungstaktik) weil wir (Marketer) es mal wieder übertrieben haben.
Wir Marketer, die auf Content-Marketing setzen, tun dies weil wir davon überzeugt sind, dass gute Inhalte die nachhaltigste Wirkung erzielen und zu einer profitablen Wahrnehmungsveränderung führen. Deshalb sollten wir auch den Anspruch der “systematischen Nützlichkeit” haben. Und die sollte man genau definieren, wenn wir über Content nachdenken.
Systematische Nützlichkeit sollte (immer) der Anspruch sein.
Also statt “lasst uns doch ein Whitepaper veröffentlichen, um Leads zu generieren” oder “wir machen ein Webinar um noch ein paar Kontakte zu sammeln”, sollten wir Themen betrachten, die gerade unsere Kunden bewegen und hier eine Perspektive auf dieses Thema werfen, zu dem wir (glaubhaft) etwas nützliches beitragen können.
- Wollen wir Orientierung schaffen, indem wir ein Buzzword in einem Kontext einordnen?
- Wollen wir einen Ansatz präsentieren, wie man ein (vielleicht schwammig wirkendes) Konzept in einer Branche / in einem bestimmten Kontext umsetzt?
- Wollen wir auf potenzielle Fehler hinweisen, die oft begangen werden, so dass das Publikum selbst einschätzen kann, ob sie betroffen sind?
- Wollen wir bei einem scheinbar trockenen Thema Leute zum Schmunzeln bringen? (wird im B2B oft unterschätzt…)
- Wollen wir zu einer Handlung inspirieren, in dem wir zeigen, dass es möglich ist, wenn man den richtigen Plan entwirft?
- Wollen wir über neueste Entwicklungen berichten und sie einordnen, um aufzuklären?
- Und und und
Nur wenn man über der Definition des Nutzens für Inhalte in einem bestimmten Thema bzw. in einem Themenbereich konsequent ein Ziel verfolgt, können Inhalte nützlicher gestaltet werden.
Zu viele mittelmäßige Inhalte, die die Brücke zwischen Interesse und Erfüllung des Interesses einfach nicht schlagen, sondern auf einem oberflächlichen Level bleiben tragen nicht dazu bei, dass die Marketingtechnik des Content-Marketings vorankommt.
Und nun?
Leider habe ich hier auch keine pauschale Antwort, weil ich nicht an pauschale Antworten glaube. ;-)
Doch habe ich den vergangenen Jahren viele Gespräche geführt, Erfahrungswerte gesammelt und Überlegungen angestellt zum Thema der “Nützlichkeit” von Inhalten (und warum Content oft nur „lauwarm“ wirkt).
- Wenn Content nützlich sein (oder diesen ominösen Mehrwert bieten) soll, dann müssen Marketing-Abteilungen den Weg gehen, diese Nützlichkeit zu definieren. Die Erfüllung dieses Nutzens besteht aus dem Erfüllen der Bedürfnisse, Interessen und Zielen der Personas (in einer bestimmten Phase seiner Reise, die auch klar beschrieben und definiert werden sollte) und der Hilfestellung, die man bieten kann und will. So ist das Ziel, das auf das man hinarbeitet auch NICHT die Veröffentlichung, sondern die Erfüllung jenes Interessens, also der Effekt, den wir damit erzielen. (so sollte z.B. der “wöchentliche Blogpost” nicht das Ziel sein, sondern der Effekt des Blogposts ;-) )
- Marketing-Abteilungen müssen die Selbstverliebtheit in das eigene Produkt oder das eigene Unternehmen abschütteln. Denn die Wahrheit ist einerseits, dass es immer weniger gut funktioniert bzw. dass Inhalte, die andeuten, dass man einen Nutzen erhält aber dann “doch nur nur” einen Sales-Pitch kriegt auf immer mehr Ablehnung stoßen. Marketer sollten mehr wie UXer denken und handeln.
- Die zur Gewohnheit gewordenen monatlichen Reportings und Quartalszahlen fördern keinen langfristigen Ansatz, sondern eher Ansammlungen von Maßnahmen ohne roten Faden. Dies richtet sich eher an Abteilungsleiter und Chefetagen. Auch wenn nicht direkt Druck gemacht wird, greifen viele Marketer auf die schnellen und einfach nachweisbaren Zahlen zurück, um Wert nachzuweisen. Bis Google oder Facebook einen Chip im Kopf jedes Menschen implementiert, werden langfristigere Effekte eben nicht messbar monatlich im Reporting landen. Daher: messen, was man als Indikatoren (sinnvoll) messen kann, ohne dabei zu vergessen, dass nicht alles was wirklich langfristig zählt sofort messbar ist.
Die letzten beiden Punkte haben keinen direkten Bezug zum Content-Marketing, doch habe ich in den letzten Jahren immer wieder beobachtet, dass sie scheinbar einen Einfluss auf die Arbeit von Marketing-Teams haben. Darin sehe ich ich Hauptgründe von oberflächlichen Alibi-Inhalten, die niemanden wirklich interessieren eher Teil des Problems sind, als der Lösung.
Und so verlieren sich v.a. Marketing-Abteilungen in taktischen Lead Generierungskampagnen mithilfe von Content, statt auf die Story zu erzählen, die über das Medium von Content-Stücken zur Erreichung strategischer Kommunikationsziele beiträgt.
Denn Content (als Format) ist nicht „King“. Die Story der Gesamtheit der „Contents“ ist King.
Weiterführende Beiträge:
- Ein Modell, dass Nützlichkeit und Zweck näher definiert: Der Fisch im Radar – so kommt die Strategie in den Content
- „Quo Vadis Marketing?“ (Ralf Bachmann)
- The value of becoming an audience company (Robert Rose)
- Content Marketing: Structure your storyline for planning (hier im Blog)